Sonntag, 6. Juli 2008

Pseudowissenschaften 3.1: Die Wirtschaftswissenschaften, Teil 1

In den Wirtschaftswissenschaften findet sich alles wieder, was irgendwie mit Leistungs- und Geldflüssen zu tun hat, außerdem die Verhaltenswissenschaften, Mathe, Jura und natürlich wissenschaftliche Methodenlehre, die Wissenschaftstheorie.

Ohne Zweifel haben Wirtschaftswissenschaftler Großes geleistet, doch das gilt vor allem für wenig publizierte Beiträge. So lässt sich seit den 80-ger Jahren mathematisch beweisen, dass die sogenannte Angebotspolitik der Regierungen spätestens ab Kohl/Genscher Arbeitsplätze vernichtet und Umverteilung von unten nach oben bewirkt.

Das heißt, wir wurden die ganzen Jahre wider nachweisliche Tatsachen belogen.

Das Modell, mit dem man solches ausrechnen kann, ist eine unter Prof. Dr. Boettcher in den 80-gern erarbeitete Fortentwicklung des Keynesschen Wirtschaftskreislaufmodell. Kein Mensch kennt Prof. Dr. Boettcher als Wirschaftsexperten, dafür werden uns Glos und Westerwelle als Wirtschaftsexperten verkauft.


Gelegentlich wurde uns sogar gesagt, die neoliberale Wirstchaftspolitik sei so unausweichlich wie das Atmen von Luft für uns, nicht einmal Karl-Marx würde anders können und deshalb genauso handeln!


Das Maß an Lüge könnte nicht größer sein, unter den Augen ganzer Heerscharen von Wirtschaftswissenschaftler, die das ganz genau wissen müssten. Und entsprechend sind die Studieninhalte so gestaltet, dass Problembewusstsein für alles, was nicht mit Gewinnmaximierung zu tun hat, möglichst nicht aufkommen kann.


Das bedeutet natürlich nicht, dass jeder Wirtschaftswissenschaftler zwingend ein Satanist oder auch nur ein herzloser Mensch sein müsse. Das bedeutet aber, dass jedem klar ist, wohin die Richtung geht, wenn man Karriere machen will. Dass es heutzutage noch viele aktive Universitätsprofessoren geben wird wie den genannten Boettcher, würde ich stark bezweifeln, und mit einer Diplomarbeit bei Prof. Dr. Boettcher brauchte man sich wohl schon damals nicht bei der Deutschen Bank oder bei Porsche zu bewerben.


Natürlich geben die Wirtschaftswissenschaften sich menschlich: Im Marketing ist es selbstverständlich das Ziel, dem Kunden dauerhaft möglicht gut gerecht zu werden, denn nur so könne langfristig Gewinn maximiert werden. Was betriebliche Organisation und Mitarbeiterführung angeht, hat man natürlich auch nur das Beste im Sinn: Nur wahrhaft
glückliche Mitarbeiter geben ihr Bestes, offiziell ist Sklaventreiberei verpönt, der selbständig denkende, kritikfreudige und positiv motivierte Mitarbeiter das Ziel aller Personalpolitik.

Etwas anders stellt es sich natürlich dar, wenn es um konkretes Management von Lohnarbeitern geht, darum, die Personalproduktivität in Standardprozessen zu überwachen und zu optimieren. Dabei wird der Mensch wie eine Maschine betrachtet, im Grunde hat sich in diesem Bereich der BWL seit Manchester im Jahre 1860 nichts geändert.

Selbstverständlich wird auch unterrichtet, in welchen Grenzen man beliebig bilanzieren kann, wie man Gewinne verschieben kann und so weiter. Einem wird wirklich klar, dass international operierende Konzerne absolut alles, national operierende Unternehmensnetze zumindest fast alles machen können. Das ist Offenheit. Aber eben die Wahrheit über die
Bilanzierungsgesetze und Steuervorschriften, und zwar genau die, auf die es ankommt, will man viel Geld in der Wirtschaft verdienen.

Das Arbeitsrecht lernen Wirtschaftswissenschaftler natürlich nur, damit sie mit ihren Untergebenen später immer richtig umgehen. Nicht etwa, um sich gute Strategien zur ungestraften Gängelung von Mitarbeitern auszudenken oder um sich Kündigungsprobleme bereits vorbeugend vom Halse halten zu können...

Was die Umwelt angeht, so gibt es die Modelle zur "Internalisierung externer Effekte", einfach gesagt: Du machst Dreck und bezahlst dafür, dass der Schaden beseitigt wird. In den 60-gern oder 70-gern mag das neues Gedankengut gewesen sein, was daraus wurde bis heute: Eine Luftnummer, die von Energiekonzernen in D zum Teil zum Betrug am
Stromkunden genutzt wurde, wie im TV berichtet wurde..


Aber die Wirtschaftswissenschaften sagen, wie es eigentlich sein müsste, jedenfalls an dieser Stelle. Doch leider beherzigt das eben niemand, nicht einmal die ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftler, die sogar erst recht nicht!

Alles, was man im Studiengang Wirtschaftswissenschaften lernt, dient also nur dem Menschen: Der Konsument ist König, der Mitarbeiter Kaiser, die Umwelt ist heilig, der Kapitalist aber ist der umweltbewusste und selbstlose Diener aller anderen.

Wie er das macht? Ganz einfach: Er gibt Vollgas, um seinen Gewinn zu maximieren. Denn angeblich maximiert er den ja nur, wenn er den Kunden König, den Mitarbeiter Kaiser sein und die Umwelt letztlich ungeschoren lässt. Über die Gewinnmaximierung wird der Kapitalist also an das Gute gebunden, ob er will, oder nicht! Je gieriger er ist, desto besser geht es allen!

So lernt man das an deutschen Universitäten, zumindest unterschwellig.

Bevor mir mein Diplom nachträglich aberkannt wird, will ich noch in mindestens einem Beitrag den fundamentalen Fehler der organisierten Geburtsfehler wirtschaftswissenschaftlicher Grundlagen erläutern und auch, dass Marx mit dem Sexualschema vor Augen nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die liebevolle Herrschaft der Frauen gefordert hätte: Marx war in ökonomischer Analyse hervorragend, akzeptiert selbst von konservativsten Nationalökonomen/Volkswirten, doch was die Konzeption einer wahren Lösung anging, wurde er nebulös, schwammig und irrational: Eine Diktatur eines asozial eingestellten Proletariats kann logischerweise nicht zu Gutem führen, und eine Diktatur selbstherrlicher Funktionäre auch nicht.

Wer sich auf Marx berief und mit Willkür herrschte, verkaufte das als den Sozialismus, als die Phase der "Diktatur des Proletariats". Keinem konnte man das abstreiten, der so handelte, weil die "Diktatur des Proletariats" nichts konkret fassbares war, nichts, was Hand und Fuß hatte. So entstanden rot-lackierte Funktionärs-Aristokratien, viele am
Napf, doch niemand für irgendetwas verantwortlich. Das ging wirtschaftlich
regelmäßig schief, spätestens dann, wenn den "Sozialisten" das Leben mit
Handelsembargos, Wettrüstungszwang oder per CIA-Umsturz schwer gemacht oder beendet wurde. Und damit hatten die Wirtschaftswissenschaften dann auch den Beweis:

Planwirtschaft als synonym für Chaos, Unterversorgung, Unterlegenheit, Marktwirtschaft aber als das Non-Plus-Ultra: Wir wurden nicht totgerüstet, sondern haben die Planwirtschaft totgerüstet, bei uns gab es Coca, in Sachsen nur Gola. Wir hatten Bananen nicht nur zu Weihnachten, sondern auch zu Ostern und zwischendurch, bei uns wartete die Ware auf den Kunden, in der DDR der Kunde auf die Ware. Noch deutlicher kann
Überlegenheit nicht mehr aussehen, und in Ermangelung eines anderen Vorzeige-Gegners als der Planwirtschaft nach Moskau- oder Peking-Art war damit eines absolut klar: Die freie Marktwirtschaft ist die von Gott gewollte weil einzig funktionierende Wirtschaftsform. Nach den ersten Veranstaltungen im Wiwi-Grundstudium sitzt das tief und fest in jedem: Es kann nur freie Marktwirtschaft geben, weil es sie nur geben kann, denn nur eine irrationale und in der Praxis gründlichst gescheiterte Planwirtschaft steht zur Alternative. Nebenbei erfährt man mit viel Glück, dass es rein theoretisch auch einen demokratischen Sozialismus als Konzeption gibt, der praktisch noch nie erprobt wurde.

Dabei kann man im Prinzip alles zu einer gesamtwirtschaftlichen Konzeption machen, was man zu einer gesamtwirtschaftlichen Konzeption machen will, es ist keineswegs so, das es nur zwei machbare Modelle gebe, von denen eines tauglich, das andere untauglich wäre. Man
kann alle Einzelheiten eines gesamtwirtschaftlichen Systems selbst bestimmen, man kann aber niemals gegen die Art des Menschen oder die übrige Natur handeln, ohne dass sich das rächte.


Doch all das zählt in der Ökonomie in Wahrheit nicht: Die objektiv falsche Behauptung, individuelles Gewinnstreben sei der beste Weg zur Erfüllung aller individuellen wie kollektiven Ziele, ist der Dreh- und Angelpunkt aller wirtschaftswissenschaftlichen Problemstellungen, das individuelle Gewinnstreben wird quasi zur heiligen Mission im Sinne aller, abgesichert durch pseudowissenschaftlichen Unsinn, der aber den Stempel höchster
wissenschaftlicher Weihen trägt. Ein Wirtschaftsprof, der das individuelle Gewinnstreben nicht heiligte, wäre so ähnlich wie ein Bischof, der öffentlich an der Jungfrauengeburt zweifelte.

Selbst die lieben unter den WiWi-Profs., würden niemals soziale Forderungen stellen, ohne vorher darauf hingewiesen zu haben, dass soziale Mühen sich geldwert rechnen ließen.

Bloß keinen falschen Eindruck erwecken! Und selbst die lieben unter den WiWi-Profs würden niemals auf die Idee kommen, am Individualziel der Gewinnmaximierung rütteln zu wollen. Sie wollen zwar die Auswüchse durch die Regelung von Transferzahlungen usw. begrenzen oder sogar ausschließen, aber das Ziel der individuellen Gewinnmaximierung wird nicht hinterfragt: Das war doch schon immer so! bei den alten Römern, den alten Griechen, den alten Ägyptern, den alten Inkas, Mayas, Azteken, den alten Chinesen und den alten Sumerern. Das ist bis dahin zwar richtig, aber all diese Kulturen waren eben auch sozial verbogen, lebten im Zustand massiver Triebunterdrückung.

Triebunterdrückung bedeutet aber, dass man zu kompensieren sucht. Dabei wird man allerdings nie satt -" denn Kompensation wird nie zur Trieberfüllung. Erst an der Stelle entsteht grenzenlose Gier nach Macht und Geld, verbunden mit der Vorstellung: "Wäre ich reicher, dann wäre ich glücklicher!"

Jedem ist klar, dass der Mensch in einem Wirtschaftssystem keine Variable, sondern ein Datum, eine feststehende Größe ist: So, wie der Mensch ist, ist er eben. Man kann ihn mit Werkzeugen ausrüsten, aber seine angeborenen Triebe lassen sich nicht ändern.

Auch die Wirtschaftswissenschaften behandeln den Menschen als ein Datum, als eine feststehende Größe: beseelt nur davon, immer mehr Gewinn zu machen.


Wir brauchen aber keine Wirtschaftswissenschaften für Pseudo-Menschen, die sich nichts anderes als Gewinnstreben vorstellen können, sondern Wirtschaftswissenschaften für Menschen, die glücklich und sicher leben wollen.

Ich hoffe, auch auf diesem Felde einiges anstoßen zu können. Natürlich bin ich nicht der einzige, der sich solche Gedanken macht, aber das muss mich nicht abhalten, einigen Interessierten die Augen etwas zu öffnen.

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka (den Titel habe ich wirklich, und an der Uni-Münster habe ich auch einiges gelernt)

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